2010-07-23

Kimono Zoll für Zoll


Dieser Kimono ist ein sehr farbenfroher Homongi, der ehemals ein Furisode war... aber dazu später mehr, denn zu diesem Exemplar gibt es eine kleine Geschichte zu erzählen.
Ich sah dieses schöne Stück eines Tages bei Ebay und musste es unbedingt haben. Alle meine Haben-Wollen-Kriterien waren erfüllt: Der Kimono hatte ein Muster, gemalt mit Yuzen-malerei*, war auf verschiedene Arten bestickt, der Stoff war aus Rinzu-Seide** und das Alter (Taisho) und nicht zu vergessen die Größe stimmten auch. (Wer denkt, ein Kimono hätte eine Einheitgröße und würde jedem passen, der irrt.)
Also begann der Ebay-Bieter-Kampf. Am Ende siegte ich zu einem stolzen Preis.
Dann wartete ich auf mein Päckchen aus Japan und lauerte schon jeden Tag auf den Postboten. Doch nichts geschah. Bis ich eines Tages stattdessen einen seltsamen Brief im Briefkasten fand. Inhalt war ein kleines grünes Kärtchen und eine Mitteilung, ich möchte doch mein Paket beim Zoll abholen.

Zoll?
Bisher hatte ich noch nichts von Zoll gehört. Ich hatte zwar schon mal darüber nachgedacht, Japan nicht EU-Land und so weiter, aber ich dachte mir, solange ich meine Post bekomme, wird`s schon passen.
Nun aber wartete der Zoll auf mich. Also auf zum Zollamt, welches zentral nach den nächsten drei Autobahnausfahrten im Wald liegt. Gerade noch im Grünen und dann mitten auf dem Amt. Ich stellte mich am Schalter vor und reichte die ausgedruckte Ebay-Rechnung und meinen grünen Passierschein hin. Die Dame vom Amt war sehr nett und gemeinsam deklarierten wir den Kimono, den ich vorher von seiner Verpackung befreit hatte.
Nun gab es nur ein Problem: Gebrauchte Japanische Kimonos zählen nicht zu den Haupteinfuhrgütern und eine korrekte Deklarierung fällt schwer. Nach circa einer Stunde konnte ich, nachdem die Einfuhrumsatzsteuer bezahlt war, das Amt glücklich mit meinem Kimono verlassen.
Fazit: Bis 22 Euro Warenwert kein Zoll, ab 22 Euro bis 150 Euro 19 % Einfuhrumsatzsteuer (der Versandpreis wird dann mit besteuert), ab 150 Euro Einfuhrumsatzsteuer und Einfuhrzoll (die Höhe ist vom Produkt abhängig).

Zu hause angekommen inspizierte ich meinen neuen Kimono genauer und stellte fest, daß die Ärmel eingekürzt und in den Saum eingeschlagen waren. Darüber verwundert schrieb ich eine Email an den Verkäufer und fragte nach, was es damit auf sich hat. Er antwortete mir, daß das gute Stück wohl mal ein Furisode war und, nach dem die Trägerin geheiratet hatte, kurzer Hand in einen Homongi umgenäht wurde. Es war wohl in früheren Zeiten (Taisho, Showa) durchaus üblich wertvolle Kimonos abzuändern und weiter zu tragen. Das erklärt auch, warum das Muster so farbenfroh und jung wirkt.

* Yuzen ist eine sehr aufwändige Färbetechnik die im Prinzip ähnlich wie Hobby-Seidenmalerei funktioniert aber tausendmal feiner und aufwändiger ist. Ganz feine Linien werden als Umrisse des Musters mit Reispaste aufgetragen und per Hand "ausgemalt".
** Rinzu ist ein Stoff, welcher in Jaquardtechnik gewebt ist (Damast). Er hat ein sich wiederholendes gewebtes Muster (Rapport).

2010-07-02

Meisen-Kimono (nicht der Vogel)

Heute möchte ich einen meiner Lieblingskimonos vorstellen. Es ist ein Komon-Kimono. Komon bedeutet so viel wie Alltagskimono. Diese Kimonos kann man also jederzeit tragen.


Dieser spezielle Kimono wird wegen der Machart des Stoffes als Meisen-Kimono bezeichnet. Ein Meisen entsteht folgendermaßen: Die Kettfäden und Schußfäden des späteren Gewebes werden nebeneinander aufgespannt, so daß eine Fläche entsteht. Dann wird das Muster auf die noch ungewebten Fäden aufgedruckt.
Wenn diese bedruckten Fäden später im Webstuhl verwebt werden, verrutscht das gedruckte Muster etwas. So entsteht die weiche, verwischte Optik des Meisen.

Kimonos mit Meisen-Muster waren in der Taisho-Zeit (1912-1926) und der beginnenden Showa-Zeit (1926-1989) sehr beliebt. In den Meisen-Geweben dieser Zeit spiegeln sich die Einflüsse des Westens auf Japan wieder. Meist sind die Muster sehr farbenfroh und plakativ. Ich persönlich finde, daß die Stoffe auch etwas von Jugenstil und Art-deco haben.
Dies ist deshalb interessant, weil der Jugendstil wiederum auch von Japan inspiriert war. Das kann man auch schön auf dem Nagoya-Obi mit seinen Ranken sehen.




Meisen-Kimonos sind so vielfältig und toll, daß sie schon fast eine eigene Sammlung wert sind. Wem es diese Kimonos besonders angetan haben, sei dieses Buch ans Herz gelegt: Kimono: Kleidung und Kunstwerk von Sophie Milenovich.
Das Buch hat einiges an schönen Meisen Bildern zu bieten und enthält einen informativen Überblick über die Kimono-Kultur.